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10. Kurpfalz und Baden Die Kurpfalz gilt zu Ende des 16. Jahrhundert als geschlossenes
reformiertes Territorium und dient als Vorbild für andere Regionen
und Landesherren Deutschlands, diesem nachzueifern. Die lutherische Reformation
ist in der Pfalz in manchen Städten schon früh (ab 1526) eingeführt
worden, ebenfalls im Landesteil Zweibrücken (1533). In Heidelberg
konnte Luther 1518 auf der Disputation manche gewinnen (z.B. Martin Bucer),
und der Reichsritter Franz von Sickingen diente als Schutzherr für
manche evangelische Bewegungen.
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Kurfürst
Friedrich III
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In der Kurpfalz insgesamt wurde erst unter Kurfürst
Friedrich II. (er regierte 1544-1556) und dann unter dessen Nachfolger
und Neffen Ottheinrich (er regierte 1556-1559) die lutherische Reformation
durchgeführt. Aber es ist in der Kurpfalz ein Luthertum mit mancherlei
unterschiedlichen Einflüssen vorhanden: es gibt strenge Lutheraner,
Anhänger Melanchthons (immerhin stammte Philipp Melanchthon aus dem
pfälzischen Bretten) und sogar solche, die reformierten Überzeugungen
anhängen.
Nach Ottheinrichs kurzer Regierungszeit wird sein Nachfolger Friedrich
III., der auch der Fromme genannt wird. Er regiert von 1559 bis 1576.
Die auseinanderdriftenden evangelischen Richtungen verlangen von Friedrich
III., sich eindeutig zu einer Konfession zu bekennen. Die reformierte
Konfession gilt mittlerweile zwar nicht in Deutschland, aber doch in
ganz
Europa als anerkannte Größe. Seine eigene theologische Bildung
und die Heidelberger Disputation 1560 über das Abendmahl führen
ihn dazu, reformiert zu werden. Dazu haben seine Zuneigung zum reformierten
Abendmahlsverständnis, seine wachsende theologische Kritik an Luther
und polemische "Lutheraner" in Heidelberg mit beigetragen. Die
Kurpfalz ist somit das erste deutsche evangelisch-reformierte Territorium.
Der 1563 fertiggestellte Heidelberger Katechismus ist im Rahmen der neuen
pfälzischen Kirchenordnung Dokument dieser Neuorientierung in der
Pfalz. Friedrich III. selber hat an ihm mitgewirkt, Hauptverfasser ist
aber der Heidelberger Theologieprofessor Zacharias Ursinus. Obwohl der
Heidelberger Katechismus weltweit als eine der wichtigsten reformierten
Bekenntnisschriften gilt, ist dennoch zu sagen, daß es sich um einen
reformierten Text handelt, der weitgehend lutherische Anliegen zu integrieren
versucht. Bestimmte Calvin wichtige Anliegen (wie z.B. die Prädestinationslehre)
fehlen.
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Faksimile Heidelberger Katechismus
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Anklänge an Luthers Kleinen Katechismus und an
Calvins Genfer Katechismus sind an vielen Stellen zu bemerken. Nach der
Einführung in der Pfalz ist der Heidelberger Katechismus in den deutschen
reformierten Territorien nach und nach zum wichtigsten und verbindenden
Bekenntnis geworden, aber auch außerhalb Deutschlands ist er heimisch
geworden (z.B. in den Niederlanden).
Friedrich III. baut in seiner Regierungszeit die Heidelberger Universität
zu einem der wichtigsten Zentren reformierter Theologie aus; zahlreiche
ausländische Studenten belegen die Anziehungskraft Heidelbergs.
Nach Friedrichs Tod 1576 sorgt sein Sohn Ludwig II. (er regiert 1576 -
1583) wieder für eine Hinwendung zum Luthertum. Die reformierten
Lehrer wandern für sieben Jahre nach Neustadt an der Haardt aus,
wo Johann Casimir, ein Bruder Ludwig II. regierte. In Neustadt wirkt neben
Ursinus u.a. der einflußreiche aus Italien stammende Girolamo Zanchi.
Die lutherische Episode hat jedoch nach dem frühen Tod Ludwig II.
ein Ende. Johann Casimir regiert jetzt auch in Heidelberg, und die Kurpfalz
ist wieder reformiertes Gebiet. Das zieht wallonische und französische
Glaubensflüchtlinge an; sowohl unter Friedrich III. wie auch unter
Johann Casimir entstehen Flüchtlingsgemeinden.
In Baden gibt es anders als in der Kurpfalz nur ein, wenn auch beachtliches,
reformiertes Zwischenspiel. Hauptfigur ist hier der theologisch äußerst
versierte Markgraf Ernst Friedrich. Die Markgrafschaft Baden-Durlach hatte
sich ebenso wie die Kurpfalz spät der Reformation angeschlossen.
1584 wurde die Markgrafschaft zunächst in drei, 1590 dann in zwei
Gebiete geteilt. Ernst Friedrich bekommt die untere Markgrafschaft (u.a.
Pforzheim und Durlach), Georg Friedrich die obere. Während Georg
Friedrich wie sein Vater auch lutherisch bleibt, wendet sich Ernst Friedrich
dem Reformiertentum zu, und zwar aus innerer theologischer Überzeugung.
Das wird 1599 nach außen hin sichtbar, als Ernst Friedrich ein von
ihm selber verfaßtes "Staffortsches Buch" herausbringt.
Ernst Friedrich weist darin einerseits auf, daß er der Confessio
Augustana zustimmt. Andererseits untersucht er wesentliche reformierte
Glaubensaussagen (freier Wille, Vorsehung Gottes, Prädestination,
Person Christi, Sakramente). Diese interpretiert er wesentlich von Calvin
her und sieht sie gleichzeitig in Kontinuität zur Confessio Augustana
(wenn auch nicht zur lutherischen Konkordienformel). Mit diesem Staffortschen
Buch, benannt nach dem Schloß, in dem es verfaßt und gedruckt
wurde, findet in der Markgrafschaft Baden-Durlach eine Hinwendung zum
Reformiertentum statt, ohne daß sich rechtlich etwas verändert
hätte, weil die Confessio Augustana weiterhin gilt.
In Pforzheim stößt diese Änderung aber auf heftige Proteste,
und Ernst Friedrichs Schlichtungsversuche enden, bevor sie begonnen haben,
weil er plötzlich stirbt. Nach seinem Tod übernimmt sein Bruder
Georg Friedrich die Herrschaft, und es zeigt sich, daß die reformierte
Konfession in der Markgrafschaft Baden-Durlach nur ein Intermezzo gewesen
ist.
Die ehemals reformierten Gemeinden in der Pfalz bilden heute evangelische
Gemeinden in der "Evangelischen Kirche der Pfalz (Protestantische
Landeskirche)".
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