12. Hugenotten in Deutschland

Das Edikt von Nantes 1598 hatte den evangelischen Christen in Frankreich nach den Hugenottenkriegen die Möglichkeit der Etablierung gegeben. König Ludwig XIV., von dem ein großer Teil der Hugenotten die Konversion erhofft, auch weil er ein Papstgegner ist, hat trotz der Ergebenheitsbekundungen der Hugenotten kein Verständnis für sie. Die Existenz zweier Konfessionen nebeneinander bedroht in seinen Augen die Einheit Frankreichs. So beginnt unter seiner Herrschaft zunächst die Verfolgung der Hugenotten, die im Edikt von Fontainebleau von 1685 gipfelt. Durch dieses wird das Edikt von Nantes aufgehoben und damit der Protestantismus in Frankreich unter Todesandrohung verboten.
Das Resultat ist eine ungeheure Fluchtbewegung. Mehr als 250 000 Menschen fliehen aus Frankreich in Richtung Westen und Norden, Hauptdurchgangsstandort ist Frankfurt. In der Eidgenossenschaft, Großbritannien, in den Niederlanden und selbst in die USA ziehen viele französische Reformierte.
In Deutschland sind es vor allem Brandenburg-Preußen, Hessen-Kassel, das Rhein-Main-Gebiet, die Kurpfalz und Franken, die aufnahmebereit sind. Die Motivation zur Aufnahme von reformierten Glaubensflüchtlingen ist dabei mehrfach strukturiert. Einmal ist es die Solidarität zu Konfessionsverwandten. Aber hinzu kommt auch ein wirtschaftliches Interesse, nach dem Ende des dreißigjährigen Krieges teilweise ausgeblutete Regionen neu zu beleben. Die fliehenden Hugenotten sind vor allem Kaufleute und Handwerker. Bereits im Herbst 1685 verabschiedet Kurfürst Friedrich Wilhelm das sogenannter Potsdamer Edikt, das den Hugenotten Ansiedlungsfreiheit und Privilegien garantiert. Ungefähr 20 000 folgen dieser Einladung und siedeln sich vor allem in Potsdam, Berlin und der Uckermark an. In Hessen-Kassel finden ungefähr 3500 Réfugiés (so die Selbstbezeichnung der Hugenotten) eine neue Heimat, vornehmlich in und nördlich von Kassel. Bad Karlshafen ist eine hugenottische Neugründung.

Hugenottenmuseum

In Bad Karlshafen befindet sich heute das Hugenotten-museum und hat der Deutsche Hugenotten- verein seinen Sitz. In Franken war es Markgraf Christian Ernst, der für die Neuansiedlung der Hugenotten sorgte und damit auch für einen wirtschaftlichen Aufschwung - Erlangen ist im wesentlichen eine hugenottische Neugründung (1686). Infolge der Aufnahme in einzelnen Territorien entstehen auch in vielen Städten französisch-reformierte Gemeinden, so in Hamburg, Celle, Hannover, Hameln, Leipzig und
Stuttgart.

Bartholomäusschlacht
Auf eine Hugenottentradition können noch heute viele Gemeinden in mehreren deutschen Landeskirchen zurückblicken, so in der Ev.-ref. Kirche (Synode der ev.-ref. Kirchen in Bayern und Nordwestdeutschland), in der Ev. Kirche von Berlin-Brandenburg, der Ev. Kirche von Kurhessen-Waldeck und der Ev. Kirche der Pfalz.