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 |  | Lektion 4: Das Lukasevangelium Zur Person des VerfasserDie Quellen des Lukasevangeliums
 Wann wurde das lukanische Doppelwerk geschrieben?
 Wo ist das lukanische Doppelwerk entstanden?
 Die Adressatinnen und Adressaten des lk Doppelwerkes
 Grobgliederung des Lukasevangeliums
 Feingliederung des Lukasevangeliums
 
 Zur Person des Verfassers  Irenäus (adversus Haereses 3,1,1, um 180 n. Chr.) 
        führt das Evangelium auf Lukas den Arzt und Reisebegleiter des Apostels 
        Paulus zurück, in Haer 3,14,1 mit Hinweis auf die "Wir"-Passagen 
        der Apostelgeschichte (Apg 16,10-17; 20,5-15; 21,1-18; 27,1-28,16). Der 
        canon Muratori um 200 weiß: "Dieser Arzt Lukas hat das Evangelium 
        nach der Himmelfahrt Christi, nachdem ihn Paulus als wissenschaftlich 
        gebildeten Mann mit sich genommen hatte, unter seinem eigenen Namen nach 
        den Anschauungen des Paulus geschrieben."Dass Lukas Arzt gewesen sein soll, hat man gelegentlich mit der Nähe 
        zur medizinischen Fachterminologie der alten Welt finden wollen - Handbücher 
        der Medizin gab es auch schon in alter Zeit, u.a. von Hippokrates und 
        später von Galen. Doch ist die Nähe des Lukas zu solcher Terminologie 
        nicht größer als die Nähe zur Terminologie anderer Fachgebiete, 
        etwa zum Seefahrtswesen Apg 27; 28 oder zum Justizwesen Apg 21ff. und 
        ist Teil des Selbstverständnisses. Zu den Tugenden des antiken Historikers 
        gehörte es, in den Dingen, die er darstellen wollte, eigene Erfahrung 
        zu haben, sei es durch eigene Reisen, sei es durch Befragen von Experten. 
        Zu den Tugenden des antiken Historikers gehörte es ferner, jede Person 
        in der jeweiligen Situation in der passenden Sprache reden zu lassen - 
        deshalb redet Petrus in Jerusalem anders als Paulus in Athen. Zu den Tugenden 
        den Historikers gehört die Benutzung von Quellen - als Quellen hat 
        Lukas das Markusevangelium und die Logienquelle sowie umfangreiches Sondergut 
        aufgenommen; den Charakter einer Heiligen Schrift hat er diesen Quellen 
        nicht zuerkannt.
 Aber auch gegen die Annahme, Lukas sei Paulus-Schüler gewesen, erheben 
        sich Bedenken:
 "... der Verfasser der Apg ist in seiner Christologie vorpaulinisch, 
        in seiner natürlichen Theologie, Gesetzesauffassung und Eschatologie 
        nachpaulinisch. Es findet sich bei ihm kein einziger spezifisch paulinischer 
        Gedanke" (P. Vielhauer, Zum Paulinismus der Apostelgeschichte, 26).
 Gegen einen Paulusschüler spricht darüber hinaus folgendes:
 Lukas irrt in der Zahl der Jerusalemreisen des Paulus. Vor allem aber 
        bestehen Divergenzen in der Darstellung des Apostelkonzils in der Rolle 
        des Jakobus, in Apg 15 ist er Vermittler zwischen Paulus und konvertierten 
        Pharisäern, bei Paulus selbst Partei.
 Lukas erwähnt nie, dass Paulus Briefe geschrieben habe. Zwar könnte 
        man einwenden, Lukas verschweige die Briefe aus dem Anliegen heraus, die 
        Spannungen innerhalb der christlichen Gemeinde möglichst zu nivellieren, 
        doch hätte Lukas z.B. den Ersten Thessalonicherbrief oder den Römerbrief 
        durchaus erwähnen können, ohne seinem harmonisierenden Bild 
        der Gemeinde Abbruch zu tun.
 Es bestehen im lukanischen Doppelwerk nur schwache Anklänge an paulinische 
        Theologie. Was Paulus noch durchsetzen musste (die beschneidungsfreie 
        Heidenmission), setzt Lukas als längst bekannt voraus, ohne dass 
        er die Kämpfe darum sichtbar werden läßt.
 Lukas verweigert Paulus bis auf Apg 14,4.14 den Aposteltitel! Das widerspricht 
        dem paulinischen Selbstverständnis durchaus.
 Literatur: Vielhauer, P., Zum "Paulinismus" 
        der Apostelgeschichte, wiederabgedruckt in: ders., Aufsätze zum Neuen 
        Testament, TB 31, München 1965, 9-27.
 Schnelle, U., Einleitung in das Neue Testament, UTB 1830, 3. Aufl. Göttingen 
        1999, 255-259.
 Ist Lukas Heiden- oder Judenchrist? Umstritten ist, ob Lukas vor seiner Hinwendung zum Christentum 
        Heide, Gottesfürchtiger oder Jude war. Für heidnische Herkunft 
        lassen sich die geringe geographische Kenntnis des Landes Israel, die 
        Vermeidung von Semitismen und das geringe Interesse an kultischen Fragen 
        anführen, das beschneidungsfreie Heidenchristentum stellt für 
        Lukas längst den Normalfall dar. Demgegenüber hat Jacob Jervell 
        für die Herkunft des Lukas aus dem Judentum u.a. auf das jüdisch 
        geprägte Messiasbild und den um den Begriff "Gottesvolk" 
        zentrierten Kirchenbegriff verwiesen; jüdische Wörter, Begriffe 
        und Bräuche erschienen von Lk 1 bis Apg 28 und würden nur zu 
        fünf Prozent erläutert; das Aposteldekret zeige, dass und wieweit 
        das Gesetz auch für Nichtjuden gilt. Doch wird man Aussagen wie Apg 
        13,38; 15,10 auch einem ehemaligen Juden nicht gerne zutrauen. In Apg 
        15,20.29 wird eine partielle Weitergeltung auch ritueller Teile der Thora 
        auch für die Heidenchristen anempfohlen, um den Judenchristen ein 
        Mindestmaß an kultischer Reinheit zu ermöglichen - Lukas hat 
        die Einheit der Kirche vor Augen, nicht die Begründung der empfohlenen 
        Praxis in der Thora. An seine Vorlagen trägt Lukas gelegentlich biblischen 
        Stil heran (vgl. z.B. Lk 5,12.17; 6,6.12; 8,22; 9,18.28.37), ohne dass 
        damit ein korrespondierender Zugewinn an expliziten theologischen Bezügen 
        zur Heiligen Schrift Israels gewonnen wäre. Ein für die sog. 
        Gottesfürchtigen typisches Interesse an jüdischem Monotheismus 
        und jüdischer Ethik ist bei Lukas nicht nachzuweisen, eher ein Interesse, 
        das den eigenen soteriologischen Status als im Einklang mit Gottes Willen 
        deklariert. So dürfte Lukas am ehesten als Heidenchrist zu bezeichnen 
        sein; Kenntnis und Wertschätzung des Judentums heben ihn allerdings 
        aus der sonstigen nichtjüdischen Literatur über das Judentum 
        zweifellos hinaus.Literatur zur Weiterarbeit: Jervell, J., Die Apostelgeschichte 
        übersetzt und erklärt, KEK 3, Göttingen 1998.
 
  Die Quellen des Lukasevangeliums Lukas folgt im Großen dem Aufbau des Markusevangeliums, 
        von dem er auch einen großen Teil seines Stoffes bezieht. Zu beachten 
        ist jedoch die sog. lukanische Lücke: Es fehlt alles zwischen Mk 
        6,45 und 8,26. Mögliche Ursachen: 1. Lukas kannte ein Mk-Ev ohne 
        diese Texte 2. Lukas läßt diese Texte bewusst weg.In den Markusstoff schiebt Lukas an zwei Stellen Stoff aus Q und Sondergut 
        ein: man spricht von der
 - kleinen Einschaltung Lk 6,20-8,3 und von der
 - großen Einschaltung Lk 9,51-18,14.
 Diskutiert wird ferner, ob das Sondergut oder Teile daraus (zB. Kindheitsgeschichten; 
        Parabeln, Teile der Passionsgeschichte) einer durchlaufenden Quelle entstammen. 
        Zu einem Konsens hat die Forschung hierin noch nicht gefunden.
 
  Wann wurde das lukanische Doppelwerk 
        geschrieben?  Früher wurde das lukanische Doppelwerk gelegentlich 
        auf die Zeit um 60 datiert, mit dem einfachen Argument, die Apostelgeschichte 
        erzähle nichts vom Tod des Paulus. Bei Theodor Zahn war dies verbunden 
        mit der Absage an die Zweiquellentheorie. Aber: Lukas setzt in Apg 20,18-38; 
        21,11.13 den Märtyrertod des Paulus voraus. Zudem lässt die 
        Zeitangabe von "zwei Jahren" in Apg 28,31 erkennen, dass der 
        Verfasser mehr wusste als er schrieb. Hätte das Werk noch eine Fortsetzung haben sollen? Auffallend ist, 
        dass in Kap. 21-26 sehr ausführlich über den Prozess in Caesarea 
        berichtet wird, die Erwartung des Lesers aber, über den Prozess in 
        Rom ebenso ausführlich unterrichtet zu werden, sich dann nicht erfüllt. 
        Man kann allerdings theologisch begründen, dass der jetzige Buchschluss 
        in Apg 28,31 auch den geplanten Abschluss des Doppelwerkes bildet: Die 
        Ankunft des Paulus in der Welthauptstadt Rom ist Lukas wichtiger als das 
        persönliche Schicksal des Völkerapostels. Die Sache geht vor 
        der Person.
 Gemäß dem wissenschaftlichen Konsens ist das Werk wohl doch 
        auf die Jahre 80-90 n. Chr. zu datieren. Markus und die Logienquelle sind 
        aufgenommen. Die Zerstörung Jerusalems ist vorausgesetzt und mehrfach 
        mit der Ablehnung Jesu in Beziehung gebracht (Lk 19,41-44; 23,27-31). 
        Ferner bearbeitet Lukas typische Probleme der dritten christlichen Generation, 
        nämlich die Kontinuitätssicherung zu den Ursprüngen angesichts 
        des Auftretens von Irrlehren (Apg 20,30) und das Problem des Reichtums, 
        das in mehreren spätneutestamentlichen Schriften verhandelt wird 
        (s.u.). Für eine spätere Zeit spricht des weiteren der fortgeschrittene 
        Zustand der Verfassung; es gibt Älteste (Apg 14,23; 20,17) und wohl 
        auch Diakone (Apg 6,1-6) in der Gemeinde als Organe.
 
  Wo ist das lukanische Doppelwerk 
        entstanden?  Schon in der alten Kirche schwanken die Angaben zwischen 
        Achaia (römische Provinz mit Korinth als Hauptstadt), Rom und Antiochia 
        am Orontes (Syrien). Auch nach heutigem Kenntnisstand lassen sich keinerlei 
        gesicherte Angaben erheben. Gelegentlich favorisieren Indizien lokaler 
        Vertrautheit bestimmte Abfassungsorte, doch ist, so lange das Quellenproblem 
        für die Apostelgeschichte unlösbar bleibt, immer auch mit dem 
        Vorliegen einer Quelle oder mit der mündlichen Kenntnis von Ortstraditionen 
        zu rechnen, sodass die Ortskenntnis, die ein bestimmter Text verrät, 
        nicht ohne weiteres für den Evangelisten verbucht werden kann. 
  Die Adressatinnen und Adressaten 
        des lk Doppelwerkes Hat Lukas für Nicht-Christen oder Christen geschrieben? 
        War Theophilus Christ oder war er Heide, sei es, dass Lukas ihn für 
        den Glauben gewinnen wollte, sei es, dass er ein hoher römischer 
        Beamter war, bei dem Lukas das Christentum gegenüber Verdächtigung 
        verteidigen oder gar vor Verfolgung schützen wollte? Einerseits will Lukas das Christentum für Gebildete interessant machen. 
        Andererseits setzt er in seinem Evangelium kirchliche Binnensprache aus, 
        ohne sie eigens zu erklären, etwa Begriffe wie "Menschensohn", 
        "Buße" - eine in der paganen Antike philosophisch wenig 
        geschätzte, weil mangelnde vorhergegangene Reflexion offenbarende 
        Verhaltensweise. Lukas hat demnach vermutlich für christliche Leser 
        geschrieben.
 
  Grobgliederung des Lukasevangeliums: 
       1,1-9,50 als Beschreibung der Identität Jesu1,1-4 Prolog: Die schriftstellerische Absicht des Lukas
 1,5 - 2,52 Vor- und Kindheitsgeschichten
 3,1-4,15 Vorbereitung des öffentlichen Wirkens 
        Jesu
 4,16-9,50 Jesu Wirken in Galiläa
 9,51-19,27 Darstellung der Lehre Jesu für die nachösterliche 
        ZeitDie Abgrenzung am Ende ist umstritten .
 19,28-24,53 Bericht über Jesu letzten Lebenstage.19,28-21,38 Die letzten Tage Jesu vor der Passion
 22,1-24,53 Die lk Passions- und Ostergeschichte
 
  Feingliederung des Lukasevangeliums 
         
          | 1,1-4 | Prolog: Die schriftstellerische Absicht 
            des Lukas |  |   
          | 1,5 - 2,52 | Vor- und Kindheitsgeschichten |  |   
          | 1,5-25 | Ankündigung der Geburt des Täufers |  |   
          | 1,26-38 | Ankündigung der Geburt Jesu |  |   
          | 1,39-56 | Besuch der Maria bei Elisabeth |  |   
          | 1,41-45 | Huldigung gegenüber dem noch 
            ungeborenen Jesuskind |  |   
          | 1,46-55 | Magnificat |  |   
          | 1,57-66 | Geburt des Täufers |  |   
          | 1,67-80 | Lobpreis des Zacharias |  |   
          | 1,68-79 | Benedictus |  |   
          | 2,1-21 | Geburt und Beschneidung |  |   
          | 2,22-40 | Jesus im Tempel. Simeon und Hanna |  |   
          | 2,29-32 | Canticum Simeonis |  |   
          | 2,34f. | Die zweite Prophetie Simeons, die 
            Reaktion Israels auf Jesus betreffend |  |   
          | 2,41-52 | Der zwölfjährige Jesus im 
            Tempel |  |  
  Sinn der Vorgeschichten:  In Jesus erfüllt sich die Erwartung Israels, aber 
        Israel wird gespalten darauf reagieren (zweite Prophetie Simeons, die 
        durch den Gang der Ereignisse vor allem ab Lk 7,1 bestätigt wird).Das Verhältnis zwischen Jesus und dem Täufer lässt sich 
        mit dem Begriff der überbietenden Kontinuität beschreiben: Einerseits 
        ist Jesus mehr als der Täufer (er ist vom Heiligen Geist gezeugt, 
        ihm wird schon vor seiner Geburt gehuldigt; seine Geburt wird im Himmel 
        besungen), andererseits ist der Täufer positives Glied in der Geschichte 
        Gottes mit seinem Volk.
 
  Die römischen "Kaiser" 
        zwischen 30 v. Chr. und 138 n. Chr. Die Bezeichnung "Kaiser" ist insofern unangemessen, 
        als das Kaisertum zu der hier interessierenden Zeit nie verfassungsmäßig 
        abgesichert war; in der althistorischen Forschung spricht man deshalb 
        eher vom princeps als vom Kaiser. Die Machtfülle des princeps beruhte 
        darauf, dass er mehrere wichtige Ämter aus der Zeit der römischen 
        Republik in seiner Person vereinigte. Lediglich aus Gründen der Konvention 
        wird i.f. die übliche Bezeichnung "Kaiser" beibehalten. 
         
          | Die julisch-klaudische 
            Dynastie |  | Geschichte Israels 
            und der Kirche |   
          | Augustus 30 v. Chr.- 
            14 n. Chr |  | Einführung 
            des Zensus 6 n. Chr.; Entstehung . der Partei der Zeloten |   
          | Tiberius 14-37 n. 
            Chr. |  | 26-36 Pilatus Prokurator, 
            um 30 Tod Jesu 33(?) Berufung des Paulus
 |   
          | Caligula 37-41 n. 
            Chr. |  | Unruhen in Alexandria 
            und Jerusalem 41-44 n. Chr. Agrippa I. Israel und Juda sind letztmals politisch 
            selbständig von Roms Gnaden. Nach Agrippas Tod wieder Umwandlung 
            in eine Provinz
 |   
          | Claudius 41-54 n. 
            Chr. |  | vermutlich 49 Vertreibung 
            der Juden aus Rom (Unruhen aufgrund eines gewissen Chrestos) Paulus beginnt ca. 49 seine Mission in Europa
 |   
          | Nero 54-68 n. Chr. |  | Seneca (erzwungener 
            Selbstmord 65) Brand Roms, Christenverfolgung (u.a. Paulus Petrus)
 ab 66 n. Chr. Jüdischer Krieg.
 |   
          | Galba, Otho, Vitellius 
            68/69 n. Chr. |  |  |   
          | Die flavische 
              Dynastie |   
          | Vespasian 69-79 
            n. Chr. |  | 70 Zerstörung 
            Jerusalems durch den Feldherrn und nachmaligen Kaiser Titus |   
          | Titus 79-81 n. Chr. |  |  |   
          | Domitian 81-96 n. 
            Chr. |  |  |   
          | Die sog. Adoptivkaiser 
              (Vorgänger adoptiert den designierten Nachfolger auch zum eigenen 
              Sohn) |   
          | Nerva 96-98 n. 
            Chr. |  |  |   
          | Trajan 98-117 n. 
            Chr. |  |  |   
          | Hadrian 117-138 
            n. Chr. |  | erneuter jüdischer 
            Krieg 132-135 n. Chr., nochmalige Zerstörung Jerusalems |  Die politischen Verhältnisse in Israel zur Zeit 
        Jesu sind in Lk 3,1 richtig benannt: Zur Zeit der öffentlichen Wirksamkeit 
        Jesu gehörte Galiläa zum Herrschaftsgebiet des Herodes Antipas 
        (4 v. - 39 n. Chr.), eines Sohnes Herodes' d. Gr., Samaria und Judäa 
        hingegen waren (seit 6 n. Chr.) kaiserliche Provinz minderen Ranges (s.u. 
        zu Pontius Pilatus). 
         
          | 3,1-4,15 | Vorbereitung des öffentlichen 
            Wirkens Jesu |  |   
          | 3,1-20 | Verkündigung und Geschick des 
            Täufers | Mk 1,2-8; Mt 3 |     
  Johannes der Täufer Johannes der Täufer gehört zu den wenigen 
        Figuren der biblischen Geschichte, wo uns ein unmittelbarer Vergleich 
        biblischer und anderer zeitgenössischer Aussagen möglich ist. 
        Sie betreffen die für ihn typische Tätigkeit ebenso wie sein 
        gewaltsames Lebensende.Nach dem, was wir aus der Bibel und aus Josephus, Antiquitates 18,116-119 
        über ihn wissen, hat er an freiwilligen Taufbewerbern die einmalige 
        rettende Reinigungstaufe zur Vergebung der Sünden angesichts des 
        kommenden Feuerrichters gespendet. Seine Tauftätigkeit war dasjenige, 
        wodurch er im Rahmen des damaligen Judentums auffiel, der Beiname "der 
        Täufer", vom Neuen Testament in Mk 6,25; Mt 11,11 sowie von 
        Josephus Ant 18,116 einmütig bezeugt, verweist darauf.
 Bei Josephus, Antiquitates 18,116-119 wird Johannes der Täufer geschildert 
        als "ein edler Mann, der die Juden anhielt, nach Vollkommenheit zu 
        streben, indem er sie ermahnte, Gerechtigkeit gegeneinander und Frömmigkeit 
        gegen Gott zu üben und so zur Taufe zu kommen. Dann werde, verkündigte 
        er, die Taufe Gott angenehm sein, weil sie dieselbe nur zur Heiligung 
        des Leibes, nicht aber zur Sühne für ihre Sünden anwendeten; 
        die Seele nämlich sei dann ja schon vorher durch ein gerechtes Leben 
        entsündigt" (Antiquitates 18,117). Der Täufer übt 
        nach Josephus eine gewaltige Anziehungskraft auf das Volk aus; Herodes 
        Antipas sieht darin nur die Gefahr des Aufruhrs und lässt ihn auf 
        die Festung Machärus bringen und dort umbringen (Antiquitates 18,118f.); 
        die Niederlage des Antipas gegen den Araberkönig Aretas wird aber 
        von vielem im Volk als gerechte Strafe Gottes empfunden (Antiquitates 
        18,116).
 So bestehen Gemeinsamkeiten zwischen Josephus und neutestamentlichen Texten:
 
        Der Beiname "der Täufer"Die Anziehungskraft auf 
          das Volk (vgl. Mk 1,5 parr. mit Josephus, Ant 18,116).Der generelle Zusammenhang 
          zwischen Taufe und Heiligtum des eigenen LebensDie Tatsache des gewaltsamen 
          Todes  Doch bestehen auch Divergenzen zwischen Josephus und 
        den neutestamentlichen Texten: 
        Die Taufe gilt nach Josephus 
          nicht als Sühne für die Sünden, sondern als Bekenntnisakt 
          der bereits vollzogenen ethischen Umkehr. Josephus dürfte hier 
          für griechische Leser den Sachverhalt pointiert dargestellt haben.Johannes wird nach Josephus 
          wegen seiner Anziehungskraft auf das Volk, nach Mk 6,14-29 parr. wegen 
          seiner Kritik an des Antipas illegitimer Ehe hingerichtet. Hierin dürfte 
          Josephus historisch richtig gesehen haben. - Auch die Ortsangaben harmonieren 
          nicht.  Das Verhältnis Johannes des Täufers und Jesu 
        von NazarethDass sich Jesus von Johannes taufen ließ, dürfte historisch 
        zutreffen. Historisch richtig dürfte ebenfalls sein, dass Jesus zeitlebens 
        eine hohe Meinung von dem Täufer hatte. Historisch gesehen problematisch 
        ist hingegen der Versuch, den Täufer zu einem "Vorläufer" 
        Jesu zu machen, denn:
 
        Nach Lk 3,7-9 hat der Täufer 
          wohl Gott selbst als den kommenden Feuerrichter erwartet, nicht eine 
          von ihm unterschiedene Gestalt.Die Perikope Lk 7,18-23 
          parr. verweist auf Spannungen zwischen dem Täufer und Jesus. Dennoch ist die Haltung der neutestamentlichen Schriftsteller, 
        den Täufer betreffend, mit dem Begriff des Vorläufers m.E. nur 
        unzureichend wiedergegeben. Einerseits überbietet Jesus den Täufer, 
        insofern er der endgültige, nicht der nur vorläufige Gottesbote 
        ist (deshalb wird der Täufer, nicht Jesus selbst mit dem wiederkommenden 
        Elia identifiziert; Mk 9,11-13), andererseits wird Jesu Verkündigung 
        auch als Weiterführung der Verkündigung des Täufers begriffen 
        (vgl. Mt 3,2 mit Mt 4,17): der Täufer fordert von Israel ebenso die 
        Frucht der Buße (Mt 3,8), wie die Jünger durch Jesu Verkündigung 
        zu solchem Tun des Willens Gottes gefordert sind (Mt 7,21-23); beide mahnen 
        zur Barmherzigkeit und warnen vor der Selbstsicherheit (vgl. Lk 3,11/6,37 
        sowie Lk 3,8/6,46). Die Täuferanfrage gibt nach Jesu Worten nicht 
        das Recht, die Sendung des Täufers in Frage zu stellen (Lk 7,24-35). 
        So gilt: Wer das Wirken des Täufers bejaht, kann Jesu Wirken nicht 
        ablehnen (Mk 11,28.30).Theologisch lässt sich das Verhältnis zwischen Jesus und dem 
        Täufer nicht in der Weise simplifizieren, dass man den Täufer 
        als bloßen Gerichtsprediger, Jesus als den bloßen Prediger 
        des Heils bezeichnet. Jesus hat auch Gericht gepredigt. Gleichwohl zählt 
        die Frage nach dem Übergang des Täuferschülers Jesus von 
        Nazareth zu einer Predigt, die auch Heil verkündigt, hinsichtlich 
        Zeitpunkt und Motivation dieses Überganges zu den ungelösten 
        Fragen der Jesusforschung.
 Die Johannestaufe und die spätere christliche Taufe 
        sind in mehrerlei Hinsicht vergleichbar: 
        Die Johannestaufe ist mit 
          der Forderung der Umkehr verbunden (Mk 1,4; vgl. die allgemeine Charakterisierung 
          des Johannes als eines Bußpredigers Mt 3,7-10). Dieser Ruf zur 
          Umkehr verheißt Rettung vor dem endgültigen Zornesgericht 
          Gottes (Lk 3,9.17). Der Täufling taufte 
          sich nicht selbst; die Handlung wurde durch den Täufer vollzogen.Die Taufe wurde aufgrund 
          des freiwilligen Kommens der Taufbewerber vollzogen.Sie war ein einmaliger Ritus. 
           So hat die christliche Taufe ihre religionsgeschichtlichen 
        Wurzeln wohl in der Johannestaufe. 
         
          | 3,21f. | Taufe Jesu | Mk 1,9-11 |   
          | 3,23-38 | Ahnenreihe Jesu | vgl. Mt 1,1-17 (Differenzen) |   
          | 4,1-13 | Versuchung Jesu | Q, vgl. Mt 4,1-11 |   
          | 4,14f. | Summarium |  |  Sinn dieser Kapitel: Die Verkündigung des Täufers 
        führt auf die Verkündigung des irdischen Jesus hin, die inhaltlich 
        in Kontinuität zu der des Täufers steht. Der Stammbaum hat sein 
        Ziel in den beiden Schlussgliedern: 1. Jesus ist Sohn Adams, von daher 
        mit allen Menschen verbunden; allen Menschen gilt das Heil; 2. Jesus ist 
        auch seinem Herkommen nach Sohn Gottes, wie die Heroen der griechischen 
        Umwelt physisch von den Göttern abstammen. Dass Gott eigentlich der 
        Schöpfer, nicht der Vater Adams ist, weiß Lukas (Apg 17,24.26.28f.), 
        doch kommt es ihm hier darauf nicht an. 
         
          | 4,16-9,50 | Jesu Wirken in Galiläa |  |   
          | 4,16-6,49 | Jesu Wirken vor dem noch ungeteilten 
            Israel |  |   
          | 4,16-30 | Verwerfung in Nazareth | Mk 6,1-6 (umgestellt!) |   
          | 4,31-37 | Exorzismus | Mk 1,21-28 |   
          | 4,38f. | Heilung der Schwiegermutter des Petrus | Mk 1,29-31 |   
          | 4,40f. | Summarium | Mk 1,32-34 |   
          | 4,42-44 | Weiterzug nach Judäa | Mk 1,35-38 |   
          | 5,1-11 | Fischzug des Petrus | Sondergut (= SoG) |   
          | 5,12-16 | Heilung des Aussätzigen | Mk 1,40-45 |   
          | 5,17-26 | Heilung des Gelähmten | Mk 2,1-12 |   
          | 5,27-32 | Berufung des Levi und Zöllnergastmahl | Mk 2,13-17 |   
          | 5,33-39 | Fastenfrage | Mk 2,18-22 |   
          | 6,1-5 | Ährenraufen am Sabbat | Mk 2,23-28 |   
          | 6,6-11 | Heilung am Sabbat | Mk 3,1-6 |   
          | 6,12-16 | Berufung der zwölf Jünger | Mk 3,13-19 |   
          | 6,17-19 | Summarium | Mk 3,7-9 |   
          | 6,20-49 | Feldrede | Q, vgl. Mt 5 - 7 |   
          | 6,20-23 | Seligpreisungen | Q, vgl. Mt 5,3-12 |   
          | 6,24-26 | Weherufe | SoG |   
          | 6,27-35 | Feindesliebe | Q, vgl. Mt 5,39-48 |   
          | 6,36-42 | gegen das Richten | Q, vgl. Mt 7,1-5 |   
          | 6,43-46 | Vom Tun des göttlichen Willens | Q, vgl. Mt 12,33-35 |   
          | 6,47-49 | vom Haus auf dem Felsen | Q, vgl. Mt 7,24-27 |  In Lk 4,16-6,49 folgt Lukas dem Aufbau des Markus, allerdings 
        mit folgender Änderung: Die Verwerfungsszene Mk 6,1-6a wird an den 
        Anfang des öffentlichen Wirkens Jesu gestellt, um in linearer geschichtlicher 
        Perspektive den Richtungssinn des Geschehens festzuhalten: Ein Großteil 
        Israels wird Jesus und die Verkündigung der Christen ablehnen.Anders als bei Matthäus steht die Berufung der zwölf Jünger 
        vor der Feldrede. Die Apostel als die Augenzeugen = Garanten der Tradition 
        (Apg 1,21f.) sollen Jesu Lehre von Anfang an mitbekommen haben.
 
         
          | 7,1-9,50 
               | Spaltung 
              in Israel aufgrund des Wirkens Jesu |  |   
          | 7,1-10 
               | Hauptmann 
              zu Kapernaum | Q, 
              vgl. Mt 8,5-13
 |   
          | 7,11-17 
               | Jüngling 
              zu Nain (Totenerweckung) | SoG |   
          | 7,18-35 
               | Täuferanfrage und Jesu 
              Zeugnis über den Täufer     | Q, 
              vgl. Mt 11,2-24
 |   
          | 7,36-50 
               | Salbung 
              durch die Sünderin | (Mk 14,3-9?) |   
          | 8,1-3 
               | Nachfolgerinnen 
              Jesu | SoG |   
          | 8,4-18 
               | Gleichnisrede | Mk 4 
              i.A. |   
          | 8,4-8 
               | Gleichnis 
              vom Sämann | Mk 4,3-9 |   
          | 8,9-10 
               | Sinn 
              der Gleichnisse | Mk 4,10-12 |   
          | 8,11-15 
               | Deutung 
              des Sämannsgl. | Mk 4,13-20 |   
          | 8,16-17 | Gleichnis 
              vom Licht | Mk 4,21-25 |   
          | 8,18 | Mahnung 
              zum rechten Hören |   |   
          | 8,19-21 
               | Jesu 
              wahre Verwandte | Mk 3,32-35 |   
          | 8,22-25 
               | Stillung 
              des Sturmes | Mk 4,35-41 |   
          | 8,26-39 
               | Heilung 
              des Geraseners | Mk 5,1-20 |   
          | 8,40-56 
               | Tochter 
              des Jairus/blutflüssige Frau | Mk 5,21-43 |   
          | 9,1-6 
               | Aussendung 
              der zwölf Jünger | Mk 6,7-13 |   
          | 9,7-9 
               | Herodes 
              und Jesus | Mk 6,14-16 |   
          | 9,10-17 
               | Speisung 
              der 5000 | Mk 6,31-44 |   
          |         --- 
             |  |  |   
          | 9,18-22 
               | Petrusbekenntnis/erste 
              Leidensankündigung   | Mk 8,27-33 |   
          | 9,23-27 
               | Leidensnachfolge | Mk 
              8,34-38 |   
          | 9,27-43a 
               | Heilung 
              des epileptischen Knaben | Mk 
              9,14-29 |   
          | 9,43b-45 
               | zweite 
              Leidensankündigung | Mk 
              9,30-32 |   
          | 9,46-50 
               | Rangstreit 
              der Jünger | Mk 
              9,33-50 |  Tendenz dieses Abschnittes: 
        Die Spaltung in Israel wird 
          in Lk 7 anhand einiger Erzählungen thematisiert, die den Prophetentitel 
          enthalten. Jesus ist nach Lukas auch ein Prophet, der u.a. die Zerstörung 
          Jerusalems ankündigt. Lukas kann in diesem Abschnitt 
          sachlich begründet in Lk 8,4-9,50 die Anordnung nach Markus (Mk 
          4,1-6,44; 8,27-9,50) beibehalten, weil schon diese Stücke größtenteils 
          eine besprochene bzw. erzählte negative Reaktion auf Jesus enthalten 
          bzw. voraussetzen.Zur Umstellung von Mk 6,1-6a 
          s.o. Die Erzählung von der wahren Verwandtschaft Jesu wird von 
          ihrem ursprünglichen Zusammenhang mit der Beelzebulkontroverse 
          getrennt und als Erläuterung des richtigen Hörens Lk 8,18 
          nach der Gleichnisrede eingeordnet.Ansonsten fallen stilistische 
          Verbesserungen (der See Genezareth wird als "See", nicht mehr 
          als "Meer" bezeichnet) und szenische Verknüpfungen (Lk 
          9,31 verbindet das Verklärungs- mit dem Passionsgeschehen) auf.   9,51-19,27 Der sog. Reisebericht 
        als Zurüstung der Gemeinde für die nachösterliche Zeit Aufgrund der weitgehenden kompositorischen Bindung des 
        Lukas an seine Quellen wird die Frage nach der Feingliederung nicht im 
        Sinne eines logischen gedanklichen Fortschreitens zu beantworten sein. 
        Auch lässt sich von daher verstehen, dass thematisch verwandte Texte 
        wie Lk 16,19-31 und Lk 18,18-23 nicht zusammengeordnet wurden. Als Gliederungssignale 
        für die Grobgliederung gelten zumeist die lk Notizen, die daran erinnern, 
        dass sich Jesus auf Wanderschaft befindet, in Lk 13,22 und Lk 17,11.Wichtiger ist die Frage, unter welchen Gesichtspunkten Lukas seine Stoffe 
        neu bearbeitet hat. Aufschluss darüber können geben:
 
 
        die möglichen Motive 
          der Integration von Sondergutstoffen und Q-Stoffendie aus dem Vergleich mit 
          Matthäus zu erhebenden lk Zusätze.Gelegentlich auch der Wechsel 
          der Anrede, d.h. der Übergang von der Belehrung der Gegner oder 
          des Volkes zur Belehrung der Jünger. Dabei werden Unsicherheiten bleiben, denn 
        ist eine Kürzung ganzer 
          Q-Texte durch Matthäus nicht auszuschließen, so dass einiges, 
          was wir heute dem Sondergut des Lukas zuschreiben, auch aus Q stammen 
          könnte,ist nicht immer zu erweisen, 
          dass innerhalb von Q-Texten lk Erweiterungen gegenüber den Matthäusparallelen 
          auf die lk Redaktionsarbeit zurückgehen müssen; es könnte 
          auch eine mt Kürzung oder eine Überarbeitung QLk für 
          die Divergenz verantwortlich sein.gelegentlich kennt auch 
          Lukas Umstellungen gegenüber Q, so z.B. zu Lk 11,49-51; 13,34f.; 
          hier dürfte Matthäus die ursprüngliche Reihenfolge bewahrt 
          haben (James Robinson).Auch der Wechsel der Adressaten 
          kann quellenbedingt sein. Zwei Ebenen sind zu unterscheiden: Auf der Geschehensebene 
        ist neben der Belehrung der Jünger auch die Auseinandersetzung mit 
        (Teilen von) Israel von Bedeutung, auf der textexternen Ebene die Zurüstung 
        der Gemeinde für die nachösterliche Zeit, für die das Versagen 
        von Teilen Israels paränetisches Negativbeispiel ist. 
 
         
          | 9,51 | Einleitung |  |   
          | 9,52-56 | Verwerfung in Samaria | SoG |   
          | 9,57-62 | Nachfolgesprüche | Q - Mt 8,19-22 |   
          | 10,1-12 | Aussendung der Siebzig |  |   
          | 10,13-16 | Weherufe über Bethsaida ... | Q - Mt 11,20-24 |   
          | 10,17-24 | Wiederkehr der Siebzig | Q - Mt 11,25-27 |   
          |  | Die Situation Lk 9,52-56 ist paradigmatisch 
            für die Situation der in 10,1-24 ausgesandten Jünger: Sie 
            erleben größtenteils nichts anderes als Jesus damals in 
            Samaria. |  |   
          | 10,25-37 | Barmherziger Samariter | SoG |   
          | 10,38-42 | Maria und Martha | SoG |   
          | 11,1-13 | Jesus lehrt Beten Jesus selbst wird als Beter vorgestellt: Lk 3,21; 5,16; 6,12; 9,18; 
            9,28f.; 11,1; 23,46
 | Q (Mt 7,7-11) und 
            SoG |   
          | 11,2-4 | Vater Unser | Q - Mt 6,9-13 |   
          | 11,14-28 | Beelzebulkontroverse | Q - Mt 12,22-37 |   
          | 11,29-36 | Zeichenforderung | Q - Mt 12,38-45 |   
          | 11,37-54 | gegen die Pharisäer | Q - Mt 23 |   
          | 12,1-12 | Mahnung zum Bekennen | Q - Mt 10,26-33 |   
          |  | Tun des göttlichen Gebotes, Hören 
            des Wortes Jesu, Beten in der Gewissheit der Erhörung sind Kennzeichen 
            christlichen Lebens und immunisieren zugleich gegen die folgenden 
            Vorwürfe, denen gegenüber das Bekenntnis gilt. Nicht das 
            Christentum ist illegitim, sondern die Haltung der Pharisäer. 
            Lk 10,38-42 hat Lukas möglicherweise als Veranschaulichung der 
            ersten Hälfte des Liebesgebotes (Lk 10,27a) an dieser Stelle 
            eingeordnet. |  |   
          | 12,13-21 |    Der reiche Kornbauer | SoG |   
          | 12,22-34 | Vertrauen auf Gott | Q - Mt 6,25-34.19-21 |   
          | 12,35-48 | Seid bereit, Gott zu erwarten | Q - Mt 24 |   
          | 12,49-53 | Jesus bringt Kampf | Q - Mt 10,34-36 |   
          | 12,54-59 | "Zeichen der Zeit" | Q - Mt 5,25f |   
          | 13,1-5 | Unglück, Schicksal und Buße | SoG |   
          | 13,6-9 | Gleichnis vom Feigenbaum | SoG |   Redaktionell ist die kompositionelle Integration der 
        Sonderguttexte am Anfang und am Schluss: 1. Der Gegensatz zu der den Jüngern anempfohlenen Haltung des Gottvertrauens 
        ist die Habsucht (Lk 12,13-21).
 2. Die Mahnung, die Zeichen der Zeit zu erkennen (vgl. Mt 5,25f.), wird 
        durch die Integration der Bußmahnungen Lk 13,1-9 verstärkt.
 
         
          | 13,10-17 | Sabbatheilung | SoG |   
          | 13,18-21 | Senfkorn und Sauerteig | Q - Mt 13,31-33 |   
          |  | Die Sabbatheilung ist um des Stichwortes 
            "Lehren" in dem lk-redaktionellen Vers Lk 13,22 willen vor 
            diese Stelle gesetzt, die beiden Gleichnisse wollen die zu erwartende 
            Größe dessen veranschaulichen, was in Jesu Wirken begonnen 
            hat. Jesu heilvolles, die Gottesherrschaft heraufführendes Wirken 
            in Israel geht weiter |  |   
          | 13,22 | Reisenotiz |  |   
          | 13,23-30 | Ringt darum, selig zu werden! | Q + Mk 10,31 |   
          | 13,31-33 | Feindschaft des Herodes | SoG |   
          | 13,34f. | Klage über Jerusalem | Q - Mt 23,37-39 |   
          |  | Herodes und die Jerusalemer erscheinen 
            als Negativbeispiele |  |   
          | 14,1-6 | Heilung des Wassersüchtigen am 
            Sabbat | SoG |   
          | 14,7-11 | Tischregel | SoG |   
          | 14,12-14 | Gästeregel | SoG |   
          | 14,15-24 | Das große Gastmahl | Q - Mt 22,1-11 |   
          | 14,25-35 | Bedenke die Konsequenzen | Q - Mt 10,37f.; 
            SoG |  Das allgemeine Wissen um die Teilnahme Jesu an Gastmahlen 
        und die Vorlage hinter Q 14,15-24 veranlassten Lukas zur Integration des 
        Sondergutes: 
        Die Heilung während 
          eines Mahles war wohl schon in der Tradition eine Heilung am Sabbat; 
          Lukas greift das Konfliktmotiv (V. 1.3) im weiteren Verlauf von Lk 14 
          nicht mehr auf.Die Tischregel Lk 14,7-11 
          mag als profane Klugheitsregel integriert worden sein, wobei allerdings 
          die Mahnung zur Demut dem Menschen auch sonst wohl ansteht.Die Gästeregel Lk 14,12-14 
          gewinnt durch V. 14 einen Bezug zum Thema von Lk 13,24.Lukas hat in Lk 14,25-35 
          Einzelworte kombiniert und als Gegenstück zu Lk 14,15-24 eingestellt: 
          So unbegrenzt der Heilswille Gottes ist, so wenig ist das Heil voraussetzungslos. 
          Zu Lk 14,25-35 vgl. Epiktet, 
            Diss III 15,8-12.  
        Mensch, prüfe zuerst, was das ist (scil. die 
          Philosophie, deren Lebensweise du dich zuwenden willst), dann auch deine 
          eigene Natur, was du tragen kannst. ... Du denkst, du könntest 
          genauso essen, genauso trinken, ähnlich zornig sein, ähnlich 
          unzufrieden sein (wie bisher)? Wachen muss man, Mühen ertragen, 
          gewisse Begierden besiegen, seine Hausgenossen verlassen, sich von einem 
          Jüngling verachten lassen, von denen, die einem begegnen, sich 
          auslachen lassen, in allem weniger haben, an Ehre, an Reichtum, an Recht 
          (vor Gericht). Wenn du dies geprüft hast, ob es dir gut scheint, 
          dann tritt herzu, wenn du dafür Leidenschaftslosigkeit, Freiheit, 
          Unerschütterlichkeit eintauschen willst. Wenn aber nicht, dann 
          tritt nicht herzu, damit du nicht wie die Kinder jetzt Philosoph, später 
          aber Steuereinnehmer, danach Redner, danach Verwalter des Kaisers sein 
          willst.  
         
          | 15,1-7 | Verlorenes Schaf | Q - Mt 18,12-14 |   
          | 15,8-10 | Verlorener Groschen | SoG |   
          | 15,11-32 | Verlorener Sohn | SoG |   
          |  | Diese Gleichnistrilogie verteidigt 
            gegenüber Gegnern die von Jesus mit Wort und Tat (vgl. Lk 5,27-32) 
            zum Ausdruck gebrachte Haltung, dass auch "Zöllner und Sünder" 
            zu Israel bzw. zur Gemeinde gehören: Über ihre Buße 
            ist Freude angebracht (Lk 15,7.10.32). |  |   
          | 16,1-9 | vom ungerechten Haushalter | SoG |   
          | 16,10-13 | von der Treue im Geringen | SoG + Q - Mt 6,24 |   
          | 16,14f. | Geldgier und Selbstgerechtigkeit der 
            Pharisäer |  |   
          | 16,16 | Stürmerspruch | Q - Mt 11,12 |   
          | 16,17 | Geltung des Gesetzes | Q - Mt 5,18 |   
          | 16,18 | gegen die Ehescheidung | vgl. Mk 10,9 |   
          | 16,19-31 | armer Lazarus | SoG^ |   
          | 17,1-4 | Warnung vor Ärgernis; Mahnung 
            zur Vergebung | Mk 9,42; Q - Mt 
            18,15 |   
          | 17,5f. | Stärkung des Glaubens | vgl. Mk 11,23 |   
          | 17,7-10 | unnützer Knecht | SoG |   In Lk 16 kommt zweifellos eines der lk Lieblingsthemen 
        zur Sprache, schwieriger ist es, die kompositorische Arbeit des Evangelisten 
        im nachhinein zu erkennen. Ersichtlich ist, dass Lk 16,9-13 aufgrund des 
        Stichwortes "Mammon" zusammenstehen; auch dürfte Lk 16,9 
        schon vorlk als (bereits die zweite?) sekundäre Deutung an das Gleichnis 
        Lk 16,1ff. angeschlossen worden sein. Das Stichwort Mammon veranlasste 
        Lukas zur Zusammenordnung der in Lk 16 genannten Stücke, die Polemik 
        gegen die Pharisäer eröffnet kompositorisch die Möglichkeit, 
        auch die Problematik des Reichtums von der Thora her zu beleuchten. Die 
        Thora und die Propheten gelten bis Johannes. Die dann verkündigte 
        Gottesherrschaft hebt die Thora nicht einfach auf (16,17), sondern kann 
        sie noch verschärfen, wie an Jesu Stellungnahme gegen die Ehescheidung 
        ersichtlich ist (Lk 16,18 vgl. als Gegenstück dazu Dtn 24,1-4!). 
        Die Geldgier der Pharisäer - und der Christen (!) - ist schon von 
        der Thora her verwerflich (Lk 16,19-31). Die Haltung der Jünger ist als Gegenbild zu derjenigen der Pharisäer 
        gezeichnet: Sie sollen nicht Anstoß geben, dass jemand vom Glauben 
        abfällt, sie sollen vergeben (vgl. Lk 15,1f.), sie dürfen sich 
        des Beistandes Gottes gewiss sein, und sie sollen sich auf ihren Gehorsam 
        nichts zugute halten (vgl. Lk 16,15). Entsprechende Mahnungen gibt es 
        auch in der rabbinischen Tradition: R. Jochanan ben Zakkai (20-90 n. Chr.) 
        warnt: "Wenn du viel Thora gelernt hast, dann halte dir darauf nichts 
        zugute, denn dazu wurdest du geschaffen" (Abot II,8).
 
         
          | 17,11 | Reisenotiz |  |   
          | 17,11-19 | Heilung der zehn Aussätzigen 
            SoG Die Geschichte ist hier eingeordnet, weil sie das Miteinander von 
            Samaritanern und Nicht-Samaritanern enthält. Die Ortsangabe, 
            verglichen mit Lk 9,52 zeigt, dass dem Evangelisten die tatsächlichen 
            geographischen Verhältnisse, Samaria und Galiläa betreffend, 
            nicht vertraut waren
 |  |   
          | 17,20f. | Wann kommt die Gottesherrschaft? |  |   
          | 17,22-37 | Parusieverzögerung | Mk 13 i.A. |   
          | 18,1-8 | Die bittende Witwe | SoG |   
          | 18,9-14 | Pharisäer und Zöllner | SoG |   Pharisäer 
        Der Begriff "Pharisäer", in seiner 
          griechischen Form nur im Neuen Testament und bei Josephus belegt, ist 
          ein Musterbeispiel dafür, wie kirchliche Tradition uns ein bestimmtes 
          historisch fragwürdiges Bild der Dinge vermittelt, bis in unseren 
          Sprachschatz hinein, das eine für das Judentum verheerende und 
          uns Christen beschämende Wirkungsgeschichte nach sich zog, indem 
          der Pharisäer, dem in kritikloser Übernahme der neutestamentlichen 
          Aussagen Heuchelei und Kleinlichkeit nachgesagt wurde, vor allem in 
          der frühen Neuzeit zum Bild des Juden schlechthin geworden ist. 
          Die Hauptprobleme der historischen Rekonstruktion sind: Die uns identifizierbaren 
          Quellen schreiben in gräzisierender Tendenz (Josephus) oder sind 
          zumeist polemisch gefärbt (NT), der Reichtum der uns erhaltenen 
          frühjüdischen Schriften außer Josephus, Philo, Sirach, 
          ist nur bedingt verwertbar, da diese Quellen meist keinen historisch 
          fassbaren Personen zugewiesen werden können und nie genau datiert 
          sind.
 Die Geschichte der Pharisäer ist in der Frühzeit in manchem 
          spiegelbildlich zu der Geschichte der Sadduzäer zu schreiben. Unter 
          Joh Hyrkan I. kam es zu einem schweren Zerwürfnis zwischen dem 
          hasmonäischen Königshaus und Pharisäern; unter Alexander 
          Jannai (103-76 v. Chr.) spitzte sich das Verhältnis weiter zu, 
          vor allem, als dieser nach einer verlorenen Schlacht gegen den Seleukidenkönig 
          Demetrios mitten in Jerusalem 800 Kriegsgefangene vornehmlich aus den 
          Reihen der Pharisäer kreuzigen ließ (Josephus, BJ 1,97). 
          Unter seiner Gemahlin und Nachfolgerin Salome Alexandra ändert 
          sich das Bild; Pharisäer nehmen gewichtigen Einfluss auf ihre Regierung. 
          Ob sie auch zur Zeit Jesu solche politische Aktivität entfaltet 
          haben, ist ebenso umstritten wie die Frage nach ihrer Verbreitung im 
          Volk und ihrem Einfluss auf das Volk.
 Pharisäer galten als verständige Thorainterpreten, wobei Interpretation 
          hier Exegese und Weiterentwicklung in gleichem Maße umgreift. 
          Dem Bestreben, ganz Israel zu der in der Thora intendierten kultischen 
          Reinheit des Gottesvolkes zu führen, verdankt sich die Übertragung 
          der ursprünglich auf Priester bezogenen Reinheitsvorschriften auch 
          auf den Alltag der Laien. Josephus und das Neue Testament schreiben 
          ihnen die Vorstellung der doppelten Auferweckung der Toten zu, der Guten 
          zum ewigen Leben, der Bösen zum Gericht.
 Soziologisch läßt sich erkennen: 1. Die Pharisäer sind 
          keine Priester, sondern Laien; 2. sie entstammen nicht den wirtschaftlich 
          führenden Schichten des Landes; 3. sie sind, anders als die Sadduzäer 
          (s. zu Mk 12,18-27) nicht auf Jerusalem konzentriert, sondern begegnen 
          auch in Galiläa als Teil der dortigen Bevölkerung. Ob es auch 
          Pharisäer in der jüdischen Diaspora gegeben hat, ist historisch 
          umstritten.
 Das Verhältnis der Pharisäer zur Jesusbewegung war nicht von 
          Anfang an so gespannt, wie es uns die Evangelien darstellen:
 1. Jesus gehörte wie die Pharisäer nicht der Oberschicht an, 
          wie die Pharisäer hatte er den Anspruch, das ganze Volk Israel 
          zu sammeln. Unterscheidungspunkt war allerdings das jeweilige Reinheitsverständnis, 
          und entsprechende Konflikte sind uns durch das Markusevangelium (Mk 
          2,13-28) wie durch die Logienquelle (Lk 11,3951) bezeugt.
 2. In der Bejahung der Totenauferweckung kommt Jesus prinzipiell mit 
          den Pharisäern überein (Mk 12,18-27).
 3. Pharisäer werden in den ältesten Passionsberichten nicht 
          als Gegner Jesu erwähnt.
 4. Lukas erwähnt christliche Pharisäer (Apg 15,5), deren Position 
          er nicht teilt, denen er aber auch nicht das Christsein abspricht.
 5. Es sind vermutlich Pharisäer, die dagegen protestieren, als 
          der sadduzäische Hohepriester Ananus 62 n. Chr. den Herrenbruder 
          Jakobus steinigen läßt (JosAnt 20,200). Ananus stolpert über 
          diesen Fall.
 Literatur zur Weiterarbeit: Stemberger, G., Pharisäer, Sadduzäer, 
          Essener, SBS 144, Stuttgart 1991.
 
         
          | 18,15-17 | Segnung der Kinder | Mk 10,13-16 |   
          | 18,18-23 | der reiche Obere | Mk 10,17-22 |   
          | 18,24-30 | Lohn der Nachfolge | Mk 10,23-31 |   
          | 18,31-34 | dritte Leidensankündigung | Mk 10,32-34 |   
          | 18,35-43 | Blindenheilung | Mk 10,46-52 |   
          | 19,1-10 | Zachäus | SoG |   
          | 19,11-27 | die anvertrauten Pfunde | Q - Mt 25,14-30 |  Der Abschnitt ist durch die Frage nach dem Zeitpunkt 
        der Gottesherrschaft zusammengehalten; dass Lk 19,11-27 an dessen Ende 
        steht, ist damit begründet, dass Lukas vor einem Missverständnis 
        des Einzuges Jesu in Jerusalem warnen will, weswegen die Szene in relativer 
        geographischer Nähe spielen muss. Im Inneren des Abschnittes ist 
        die Reihenfolge durch die Markusvorlage vorgegeben; die Integration des 
        bekannten und wirkungsgeschichtlich problematischen Textes Lk 18,9-14 
        an die jetzige Stelle ist dadurch bedingt, dass in diesem Text wie in 
        Lk 18,15-17 analog zwei Haltungen als Kontrast gegenüber gestellt 
        werden. Die Einordnung der Zachäusperikope verdankt sich dem Ortsnamen 
        "Jericho". Lk 9,51 - 18,14 bezeichnet literarkritisch die große 
        lukanische Einschaltung, d.h. in diesem Abschnitt werden vorzugsweise 
        Materialien aus Q und aus dem Sondergut integriert, bevor Lukas ab Lk 
        18,15 wieder der Markusvorlage folgt. Kompositionell ist aber der Übergang 
        von Lk 18,14 zu Lk 18,15 nicht wesentlich. 19,28-24,53 Jesus in Jerusalem Lk 19,28-21,38 Die letzten Tage Jesu vor der Passion 
         
          | 19,29-40 | Einzug in Jerusalem | Mk 11,1-11 |   
          | 19,41-44 | Klage über Jerusalem | SoG |   
          | 19,45-48 | Tempelreinigung | Mk 11,15-19 |   
          | 20,1-8 | Vollmachtsfrage | Mk 11,27-33 |   
          | 20,9-19 | Winzergleichnis | Mk 12,1-12 |   
          | 20,20-26 | Kaisersteuer | Mk 12,13-17 |   
          | 20,27-40 | Sadduzäerfrage nach Auferstehung | Mk 12,18-27 |   
          | 20,41-44 | Davidssohnfrage | Mk 12,35-37 |   
          | 20,45-47 | Warnung vor den Schriftgelehrten | Mk 12,38-40 |   
          | 21,1-4 | Scherflein der Witwe | Mk 12,41-44 |   
          | 21,5-36 | Endzeitrede | Mk 13 |   
          | 21,37f. | Jesus im Tempel |  |   Lukas folgt in Lk 19,28-24,12 dem Markusaufriss, integriert 
        jedoch zwei zusätzliche Texte, Lk 19,41-44; 23,27-31, nämlich 
        das erste (Lk 19,41-44) und das letzte (Lk 23,27-31) Wort Jesu über 
        Jerusalem. Beide Texte klagen über dessen selbstverschuldeten Untergang, 
        begründet in der Ablehnung Jesu. Daneben sind schon für Lk 19,28-21,37f. 
        einige Eingriffe in die Markusvorlage zu erwähnen: 
        Beim Einzug Jesu nach Jerusalem 
          jubelt nicht das Volk, es jubeln die Jünger. Innerhalb des Einzuges 
          wird ein Bezug auf Worte der Weihnachtsgeschichte hergestellt. Die Verfluchung 
          des Feigenbaumes entfällt.Lukas gestaltet die letzten 
          Tage vor der Passion zu einer dem vorherigen Wirken Jesu in Israel gleichwertigen 
          Zeitspanne. Der Messias lehrt im Tempel das Gottesvolk (Lk 19,47f.).Lukas interpretiert die 
          Jerusalemer Streitgespräche neu, nämlich als Warnung vor der 
          kommenden Katastrophe Jerusalems, wie auch die große Endzeitrede 
          Lk 21,4-36 um der Thematik von Lk 21,20-24 willen (Zerstörung Jerusalems) 
          nicht mehr nur an die Jünger, sondern an das Volk gerichtet ist. 
           Eschatologie im Lukasevangelium 
        - Änderungen von Lk 21,5-36 gegenüber Mk 13:  
        Lukas fragt nicht mehr nach 
          der eschatologischen Erfüllung, sondern nach innerweltlichem Geschehen. Die Ankündigung der 
          nahen Parusie wird in Lk 21,8f. als Missverständnis charakterisiert. 
          Die Tempelzerstörung soll aus dem eschatologischen Zusammenhang 
          herausgelöst werden (sie liegt ja auch schon 10 - 20 Jahre zurück).Bedrängnis und Verfolgung 
          der Gemeinde werden in Lk 21,12 vor die aus Mk übernommenen Schrecknisse 
          (Krieg der Völker, Hunger, Pest etc.) gestellt; damit werden die 
          Endereignisse nochmals hinausgeschoben.  Lk 21,20-24 blickt auf 
          die geschehene Tempelzerstörung zurück. Es ist nicht vom "Greuel 
          der Verwüstung" die Rede.Die Parusie ist ein Ereignis 
          in unbestimmter Ferne. Das hat auch sonst Änderungen im Evangelium 
          zur Folge: Im Terminwort Lk 9,27 ist gegenüber Mk 9,1 die Wendung 
          "kommend in Kraft" gestrichen. Die Antwort an die Pharisäer 
          Lk 17,20f. ist mit den Stichworten "mitten unter euch" Hinweis 
          auf die Person Jesu; in der Jüngerbelehrung kommt als erste Problemanzeige 
          der Satz Jesu "es werden Tage kommen, da werdet ihr begehren, einen 
          der Tage des Menschensohnes zu sehen, und werdet sie nicht sehen". 
          Die Aussage der baldigen Wiederkunft des Menschensohnes in Mk 14,61f. 
          ist umgewandelt in eine Aussage über seine himmlische Existenz 
          Lk 22,69. 22,1-24,53 Die lk Passions- und Ostergeschichte
 
         
          | 22,1f. | Todesbeschluss | Mk 14,1f. |   
          | 22,2-6 | Verrat des Judas | Mk 14,10f. |   
          | 22,7-13 | Findung des Abendmahlssaales | Mk 14,12-16 |   
          | 22,14-20 | Einsetzung des Abendmahles | Mk 14,22-25 |   
          | 22,21-23 | Ankündigung des Verrates | Mk 14,17-21 |   
          | 22,24-38 | Gespräche mit den Jüngern | Mk 10,41-45 |   
          | 22,39-46 | Gethsemane | Mk 14,32-42 |   
          | 22,47-53 | Verhaftung | Mk 14,43-52 |   
          | 22,54-62 | Verleugnung | Mk 14,53f.66-72 |   
          | 22,63-71 | Sanhedrinverhör | Mk 15,55-65 |   
          | 23,1-25 | Jesus vor Pilatus und Herodes Antipas | Mk 15,1-15 |   
          | 23,26-31 | Auf dem Weg zum Kreuz |  |   
          | 23,32-38 | Kreuzigung und Verspottung | Mk 15,20b-32 |   
          | 23,39-43 | die beiden Schächer | Mk 15,32b |   
          | 23,44-46 | Jesu Tod | Mk 15,33-38 |   
          | 23,47-49 | Zeugen des Todes Jesu | Mk 15,39-41 |   
          | 23,50-56 | Grablegung | Mk 15,42-47 |   
          |  |  |  |   
          | 24,1-12 | Auferstehung | Mk 16,1-8 |   
          | 24,13-35 | Emmaus | SoG |   
          | 24,36-49 | Erscheinung vor den Elf | SoG |   
          | 24,50-53 | Himmelfahrt am Ostersonntag Abend vgl. Apg 1,4-11 Himmelfahrt erst nach 40 Tagen
 | SoG |    Für die lukanische 
        Passionsgeschichte wird gelegentlich neben der Markusvorlage auch eine 
        eigene Sonderquelle vermutet, m.E. nicht zu Recht. An Änderungen 
        gegenüber der Markusvorlage ist zu vermerken:
 
        Lukas gestaltet die Szene 
          im Abendmahlssaal zu einer weiteren "Gastmahl"-Szene aus.Neu eingebracht wird die 
          Beschuldigung, Jesus habe zur Steuerverweigerung aufgerufen (Lk 23,2). 
          Diese Beschuldigung ist falsch, wie der Leser aus Lk 20,20-26 weiß.Herodes Antipas wird als 
          Zeuge der Unschuld Jesu benannt (Lk 23,6-12), der Schuldanteil des Pilatus 
          reduziert: Er fungiert dreimal als Zeuge der Unschuld Jesu (Lk 23,4.14.22). 
          Die Verspottung Jesu durch die römischen Soldaten (Mk 15,16-20a) 
          entfällt; Juden sind als Subjekte der Kreuzigung gedacht (Lk 23,25.33).Zu Lk 23,27-31 s.o.Das Verhalten des einen 
          Schächers wird als Bekehrung angesichts des Sterbens Jesu, dieser 
          damit als ein weiser Mann gezeichnet, die christliche Religion damit 
          als eine auch für Gebildete nicht zu verachtende Bewegung.Die Ostererzählungen 
          sind im Lukasevangelium in und bei Jerusalem lokalisiert, nicht in Galiläa. 
          In Lk 24,1-12 wird dementsprechend die Ankündigung des Engels am 
          Grabe abgeändert (Lk 24,6f.), ferner ist von der Verkündigung 
          der Frauen an die Jünger (diff Mk 16,8) und von deren Unglauben 
          die Rede. Lk 24,13-35 hilft den Jüngern und den Lesern die Passion 
          als notwendigen, weil schriftgemäßen Durchgang zur Herrlichkeit 
          des Auferstandenen verstehen, Lk 23,36-49 korrigiert Missverständnisse 
          der Auferweckung Jesu, Lk 24,50-53 beschließt mit der Aufnahme 
          Jesu in den Himmel und dem Lobpreis Gottes durch die Jünger das 
          Lukasevangelium, "sie lobten Gott" sind dessen letzte Worte. 
           
          Pontius Pilatus Pilatus gehörte dem römischen Ritterstand 
            an, dem nächsthöheren Stand nach dem princeps und den Senatoren, 
            und war Parteigänger des judenfeindlichen Sejan, des Präfekten 
            der Prätorianergarde, der allerdings seinerseits nach einem Versuch 
            der Verschwörung i. J. 31 n. Chr. hingerichtet wurde. Pilatus 
            trug, wie eine 1961 in Caesarea gefundene lateinische Inschrift zeigt, 
            den Titel "praefectus Iudaeae". Um die uns erkennbare Karriere des Pilatus und deren Ende zu verstehen, 
            ist ein kurzer Blick auf das System römischer Provinzialverwaltung 
            notwendig. Man unterscheidet zwischen kaiserlichen und senatorischen 
            Provinzen sowie Provinzen niederen Ranges:
 * kaiserliche Provinzen werden durch einen legatus Augusti pro praetore 
            oft über mehrere Jahre hinweg verwaltet, in ihnen dürfen 
            Truppen stationiert sein, über die der Kaiser oberster Befehlshaber 
            ist. Der Kaiser entscheidet, wer legatus Augusti wird.
 * senatorische Provinzen werden durch einen Prokonsul verwaltet, der 
            jeweils nur ein Jahr im Amt bleibt und von den Senatoren in Rom bestimmt 
            wird. In ihnen dürfen keine Truppen stationiert sein (deren oberster 
            Befehlshaber ist ja der Imperator, der "Kaiser").
 * Kaiserliche Provinzen minderen Ranges werden durch einen Praefekten 
            bzw. Prokurator verwaltet, der wiederum dem Prokonsul oder Legaten 
            einer benachbarten Provinz unterstand. Diesen Status hatte die Provinz 
            Judäa seit 6 n. Chr.; er wird für das Ende des Pilatus folgenreich.
 Die Berichte über den Pilatusprozess in den 
            Evangelien tendieren dazu, ihn auf Kosten der jüdischen Handlungsträger 
            weitmöglichst von aller Schuld am Tod Jesu zu entlasten - in 
            der äthiopischen Kirche ist Pilatus deshalb sogar heilig gesprochen 
            worden. Eine Konfrontation mit der geschichtlichen Wirklichkeit wird 
            für uns am ehesten möglich durch das erste Vorkommnis, das 
            Josephus von ihm berichtet: "Einst nun ließ er eine Anzahl 
            verhüllter Bildnisse des Caesars, welche die Römer signa, 
            Feldzeichen, nennen, zur Nachtzeit nach Jerusalem bringen. Kaum aber 
            graute der Tag, als eine hochgradige Aufregung sich der Stadt bemächtigte. 
            ... Alle machten sich auf den Weg nach Caesarea zu Pilatus, den sie 
            flehentlich baten, die Bildnisse aus Jerusalem entfernen und an ihren 
            althergebrachten religiösen Satzungen nicht rütteln zu wollen. 
            Da Pilatus aber die Bitte abschlug, warfen sie sich zu Boden und blieben 
            fünf Tage und ebenso viele Nächte liegen, ohne sich zu rühren. 
            3. Am folgenden sechsten Tage nahm Pilatus in der großen Rennbahn 
            auf einer Tribüne Platz und ließ das Volk herbeirufen, 
            als wolle er ihm Bescheid erteilen, gab aber dann den Soldaten, die 
            vorher verständigt waren, ein Zeichen, die Juden mit den Waffen 
            in der Hand zu umzingeln. So von einer dreifachen Reihe Bewaffneter 
            eingeschlossen, gerieten die Juden über den unerwarteten Anblick 
            zunächst in gewaltige Bestürzung. Als aber Pilatus drohte, 
            er werde sie niedermetzeln lassen, wenn sie die Bildnisse des Kaisers 
            nicht bei sich aufnähmen, und den Soldaten einen Wink gab, ihre 
            Schwerter zu entblößen, fielen die Juden wie auf Verabredung 
            sämtlich nieder, boten den Nacken dar und erklärten mit 
            lauter Stimme, sie wollten sich lieber umbringen lassen als das Gesetz 
            übertreten. Über dieses heldenmütige Eintreten des 
            Volkes für seine Religion erstaunte Pilatus und gab Befehl, die 
            Feldzeichen sofort aus Jerusalem wegzubringen" (Josephus, BJ 
            2,169-171).Später rief Pilatus neue Unruhen hervor, als er einen Teil des 
            Tempelschatzes für den Bau einer Wasserleitung verwendete. Als 
            er eines Tages nach Jerusalem kam, umdrängte das Volk schreiend 
            und schimpfend seinen Richterstuhl. "Er aber hatte von dem beabsichtigten 
            Auflauf zuvor Kunde erhalten und bewaffnete Soldaten in bürgerlicher 
            Kleidung heimlich unter der Menge verteilt mit dem Befehl gegen die 
            Schreier nicht das Schwert zu gebrauchen, aber mit Knitteln auf sie 
            einzuhauen. Als er nun vom Richterstuhl herab das Zeichen gab, kamen 
            viele Juden teils unter den Schlägen der Soldaten, teils dadurch 
            um, dass sie von ihren eigenen Landsleuten auf der Flucht zertreten 
            wurden. Den Schrecken über das traurige Schicksal der Getöteten 
            aber brachte das Volk alsbald zum Stillschweigen" (Josephus, 
            BJ 2,175-177).
 Auch Philo charakterisiert ihn als "unerbittlich und rücksichtslos" 
            (Leg. 301), und Lk 13,1 klingt nicht viel besser, wenngleich wir dieses 
            Ereignis historisch nicht anderweitig nachweisen und deshalb auch 
            nicht im einzelnen rekonstruieren können.
 Ein Übergriff des Pilatus gegen die Samaritaner führte im 
            Winter 36/37 zu seiner Absetzung durch den Statthalter Syriens. Einer, 
            der sich selbst als Messias ausgab, hatte die Samaritaner aufgefordert, 
            mit ihm auf den Berg Garizim zu steigen, dort wollte er dem Volk die 
            von Mose dort vergrabenen Kultgeräte zeigen. Als das Volk bewaffnet 
            auf den Berg ziehen wollte, besetzte Pilatus den Weg zur Höhe 
            mit Reiterei und Fußvolk. Dabei hatte er den Fanatismus des 
            Volkes unterschätzt. Es kam zu einer Auseinandersetzung zwischen 
            den aufgeputschten Frommen und den kaiserlichen Truppen, die einige 
            der Aufständischen niederschlugen und die Mehrzahl der Anführer 
            in die Flucht trieben. Pilatus aber ließ die 'Vornehmsten und 
            Einflussreichsten' inhaftieren und hinrichten. Einflussreiche Samaritaner, 
            die als Abgeordnete des Hohen Rats ihres Volkes bei Lucius Vitellius, 
            dem vorgesetzten Statthalter von Syrien, vorstellig wurden, verklagten 
            ihn, so dass sich Pontius Pilatus in Rom verantworten musste, möglicherweise 
            unter der Anschuldigung der Amtsanmaßung, der ungerechtfertigten 
            Kriegführung. In Rom ist er nach Euseb zum Selbstmord gezwungen 
            worden. Sein Nachfolger als praefectus Iudaeae wird Marcellus, von 
            dem es solche Dinge nicht zu berichten gab.
 Theologische Grundgedanken des lukanischen Doppelwerkes
 1. Die Frage nach der Geschichte 
         Durch das Zurücktreten der Naherwartung 
          ist die Frage nach dem Sinn der weiterlaufenden Geschichte gestellt. 
          Mögliche Antwort: Das Evangelium soll erst aller Welt verkündigt 
          werden, vor allem in der Reichshauptstadt Rom.Angesichts der zeitlichen 
          Entfernung vom Beginn des Geschehens stellt sich die Frage, wie die 
          Kontinuität zur Anfangszeit gewahrt werden kann. Wahrung der Kontinuität 
          bedeutete Wahrung der Identität. So zeigt Lukas: Die Geschichte der Kirche ist eine von 
        Gott gewollte und eine von Gott gewirkte Geschichte. Conzelmann unterschied für die Geschichtsdarstellung 
        im lukanischen Doppelwerk drei Perioden: die Zeit vor Jesus, die Zeit 
        Jesu, die Zeit der Geschichte. Die Zeit vor Jesus ist die auf Jesus hinführende 
        Zeit des fordernden und verheißenden Gotteswillens; die Zeit nach 
        Jesus ist die Zeit der Sammlung der Kirche und der Trennung von dem nicht 
        an Jesus glaubenden Judentum, dem allerdings die Tür zu Jesus offenbleibt. 
        Zwischen den ersten beiden Phasen wird die Zäsur durch Lk 16,16 gebildet, 
        zwischen der zweiten und der dritten Phase durch Apg 1,11.12.Conzelmanns Unterscheidung zwischen der Zeit Jesu und der Zeit der Kirche 
        (H. Conzelmann, Mitte der Zeit, 158) ist mit dem Hinweis auf das in der 
        Zeit der Kirche weiterlaufende Erfüllungsgeschehen kritisiert worden. 
        Doch empfängt die Zeit der Kirche von der Jesuszeit ihre Fundierung 
        und Normierung: Der Begriff "heute" (vgl. Lk 4,21) wird im Evangelium 
        anders verwendet als in Apg, nämlich theologisch gefüllt; die 
        Apostel dagegen tun ihre Wunder im Namen Jesu; die vita christiana wird 
        i. w. im Evangelium entfaltet; die Predigt der Apostel nach Apg bringt 
        hierin nichts wesentlich Neues mehr hinzu.
 Literatur zur Weiterarbeit: Conzelmann, H., Die Mitte der Zeit. Studien zur Theologie des Lukas, BHTh 
        17, 4. Aufl. Tübingen 1962.
 2. Lehre von der Kirche und Israel Die Anschauung von der Kirche (die Ekklesiologie) hat 
        Lukas früher (bis 1970) den Vorwurf des Frühkatholizismus eingetragen: 
        Er ersetze die Naherwartung durch Heilsgeschichte und schaue auf das Leben 
        Jesu als eine vergangene Epoche zurück (Conzelmann), habe damit aber 
        den ursprünglichen Charakter des Kerygma preisgegeben (Bultmann), 
        wie auch die Vorstellung des Sühnetodes nicht entfaltet sei. Apostel 
        seien Traditionsgaranten, der Geist werde an das Amt gebunden; es gelte 
        nicht mehr: Jeder Christ ist ein Charismatiker (Käsemann). Es hat sich jedoch ein Mehrfaches gezeigt: 1. Die Heilsgeschichte ist 
        keine Erfindung des Lukas, sondern entstammt breiter urchristlicher Tradition; 
        2. Wohl stehen die Apostel als Augenzeugen der irdischen vita Jesu für 
        die Richtigkeit der überlieferten kirchlichen Tradition gerade - 
        Paulus ist kein Apostel, weil er kein Augenzeuge ist - aber der Gedanke 
        der apostolischen Sukzession fehlt völlig; Lukas wollte die Kontinuität 
        der Kirche auf ihrem weiteren Weg durch die Geschichte nicht durch Bindung 
        an Ämter und Institutionen sichern. Gott selbst würde dafür 
        sorgen, Apg 20,32. Ferner 3. Der Geist wirkt durch das Wort. 4. Der Glaube 
        ist nicht durch die Geschichte verifizierbar, sondern auch Lukas berichtet 
        die Geschichte Jesu mit dem Ziel der Verkündigung.
 Freilich haben sich aufgrund der Rückbesinnung auf die jüdischen 
        Wurzeln des Christentums neue schwierige Fragen gestellt. Statt des lukanischen 
        Geschichtsverständnis und seiner Ekklesiologie steht nunmehr lukanische 
        Israeltheologie zur Debatte, eine Israeltheologie freilich, die Rückwirkungen 
        auf die Ekklesiologie hat.
 Die Spannbreite der Beschreibungen lukanischer Israeltheologie reicht 
        von dem Antisemitismus-Verdikt bei S. Sandmel und J. T. Sanders bis hin 
        zur Vorstellung von J. Jervell, die heilsgeschichtliche Kontinuität 
        liege nicht nur im Handeln Gottes, sondern auch in dem Gottesvolk, an 
        dessen Verheißungen die Heidenchristen partizipierten, und ist in 
        dem Nebeneinander positiver wie negativer Aussagen zum Verhalten Israels 
        begründet.
 Lukanische Israeltheologie ist untrennbar mit der lk Konzeption der Heilsgeschichte 
        und dem lukanischen Verständnis der Heiligen Schrift Israels verknüpft. 
        Grundlegend für Lukas ist die zugleich christologische und soteriologische 
        Bedeutung der Aufweckung Jesu von den Toten: Jesus wird zum Herrn und 
        Christus gemacht (Apg 2,36) und damit als das Zeichen Gottes bestätigt; 
        doch zugleich verbürgt das "Faktum" der geschehenen Auferweckung, 
        dass Gott jetzt Heil verwirklichen will (Apg 26,6-8).
 Das Heil gilt Israel (Lk 1,54.68.78) in allen seinen Gliedern: die kranke 
        Frau und der Zöllner Zachäus bekommen Heilung "denn auch 
        sie sind Kinder Abrahms". Es gilt zuerst Israel (Lk 2,32; Apg 3,26; 
        13,46), und so beginnt Paulus bei seinen Reisen mit der Verkündigungsarbeit 
        grundsätzlich in den Synagogen. Den Heiden gilt das Heil in Ausweitung 
        des Israel geltenden Heiles gemäß der biblischen Verheißung 
        des Gottesknechtes i.S. v. Jes 42,6; 49,6 und des Völkerwallfahrtsmotives 
        i.S. v. Jes 2,1-4 (Lk 2,29-32).
 Jes 42,6 Ich der Herr, habe dich, den Knecht Gottes, gerufen in Gerechtigkeit 
        und halte dich bei der Hand und behüte dich und mache dich zum Bund 
        für das Volk, zum Licht der Heiden, dass du die Augen der Blinden 
        öffnen sollst und die Gefangenen aus dem Gefängnis führen 
        und die, die da sitzen in der Finsternis, aus dem Kerker.
 Jes 49,6 Es ist mir zuwenig, dass du mein Knecht bist, die Stämme 
        Jakobs aufzurichten und die Zerstreuten Israels wiederzubringen, sondern 
        ich habe idhc auch zum Licht der Heiden gemacht, dass du seist mein Heil 
        bis an die Enden der Erde.
 Jes 2: Es wird zur letzten Zeit der Berg, da des Herrn Haus ist, fest 
        stehen, höher als alle Berge und über alle Hügel erhaben, 
        und alle Heiden werden herzulaufen, und viele Völker werden hingehen 
        und sagen: Kommt, lasst uns auf den Berg des Herrn gehen, zum Hause des 
        Gottes Jakobs, dass er uns lehre seine Wege und wir wandeln auf seinen 
        Steigen. Denn von Zion wird Weisung ausgehen und des Herrn Wort von Jerusalem.
 Der auferweckte Jesus ist Ur-Repräsentant des Gottes Israels gegenüber 
        seinem Volk und unter den Heiden. Durch ihn kann jeder, der glaubt, unbeschadet 
        seiner Herkunft aus Israel oder aus den Völkern die Vergebung der 
        Sünden erlangen; auch den Heiden wird die selbe Gabe des Heiligen 
        Geistes als Erfüllung der Weissagung Joel 3,1-6 gegeben (Apg 10,47; 
        11,15). Von daher kann der Auftrag zur Heidenmission auf den auferstandenen 
        Christus zurückgeführt werden (Lk 24,47; Apg 1,8; 9,15). Israel 
        als Ganzes wird durch die Verkündigung des Petrus gerufen, Zeuge 
        Gottes gegenüber den Heiden zu sein (Apg 3,25f.). Wichtig ist für 
        Lukas zweierlei:
 1. In all diesen Schritten gilt Gott als Subjekt dieser Geschichte;
 2. Alle wesentlichen Momente dieser Geschichte sind durch die Heilige 
        Schrift Israels angekündigt.
 Das Verhalten des rechten Israeliten i.S. des Lukas besteht darin, im 
        richtigen Verständnis der Schrift die Kontinuität zwischen dem 
        Glauben an Christus und der alttestamentlichen Botschaft wahrzunehmen 
        und damit anzuerkennen, dass Gott nunmehr Neues in der Geschichte Israels 
        beschlossen hat, nämlich den Einbezug der Heiden. An dieser Aufgabe 
        müssen auch die Jünger erst lernen (Apg 11,18), und an ihr droht 
        der sich verschließende Teil Israels zu scheitern; deshalb wird 
        er gemahnt, sich nicht von sich aus gegen Gott zu stellen (Apg 4,19; 5,34-39), 
        sich nicht mit den Ungehorsamen der Geschichte Israels gleichzustellen 
        (Apg 7,35.39.51) und sich so als verstockt zu erweisen wie die Väter 
        (Apg 28,26f.).
 Ein Teil der Israeliten kommt zum Glauben - nur bei Israeliten berichtet 
        Lukas anfänglich von Massenbekehrungen (Apg 2,41; 4,4), nicht bei 
        Heiden -, ein anderer Teil verweigert sich. Das bekannte Nebeneinander 
        der unterschiedlichen Verhaltensweisen der Volksmenge Israels ist wohl 
        am ehesten im Sinne des kirchengeschichtlichen Nacheinander zu deuten: 
        die anfangs keineswegs erfolglose Israelmission, verstanden als endzeitliche 
        Sammlung Israels, wurde zunehmend von jüdischer Seite aus behindert, 
        und diese Verhärtung der Fronten bewirkt, dass von der lk Gemeinde 
        aus die Bekehrung ganz Israels nicht mehr erwartet und deshalb wohl auch 
        keine planmäßige Israelmission mehr betrieben wird. Das lukanische 
        Doppelwerk wäre der Versuch, die Kontinuität der Kirche zu Israel 
        angesichts des Scheiterns der Israelmission heilsgeschichtlich zu definieren 
        und so den jetzigen Status der überwiegend aus ehemaligen Heiden 
        bestehenden Kirche als gottgewollt zu legitimieren. Aus diesem eigenen 
        Gegenwartserleben läßt sich die Härte der lukanischen 
        israelkritischen Aussagen insgesamt durchaus erklären. Aber von einer 
        bleibenden Verwerfung des nicht an Jesus gläubigen Israel spricht 
        Lukas nicht!
 Literatur zur WeiterarbeitKäsemann, E., Amt und Gemeinde im Neuen Testament, wiederabgedruckt 
        in: ders., Exegetische Versuche und Besinnungen I, Göttingen 1960, 
        109-134.
 Kümmel, W. G., Lukas in der Anklage der heutigen Theologie, in: W. 
        G. K., Heilsgeschehen und Geschichte Bd. 2, Gesammelte Aufsätze 1965-1977, 
        hg. v. E. Gräßer und O. Merk, MThSt 3, Marburg 1978, 87-100.
 Sanders, J. T., The Jews in Luke-Acts, London 1987.
 Sandmel, S., Anti-Semitism in the New Testament?, Philadelphia 1978.
 Jervell, J., , Luke and the People of God. A New Look at Luke-Acts, Minneapolis 
        1972.
 Jervell, J., Gottes Treue zum untreuen Volk, in: C. Bussmann, W. Radl 
        (Hg.), Der Treue Gottes trauen. Beiträge zum Werk des Lukas, FS G. 
        Schneider, Freiburg, Basel, Wien 1991, 15-27.
 Roloff, J., Die Kirche im Neuen Testament, GNT 10, Göttingen 1993.
 3. Das Christentum als neue religiöse Elite Bei Lukas herrscht stärker als bei Markus oder 
        Matthäus das Bemühen vor, die Christen in der Hinsicht zuzurüsten, 
        dass sie ihre Religion auch einem gebildeten Heiden als Anstoß und 
        Alternative empfehlen können. Diesen Ziel sind mehrere Aspekte dienstbar 
        gemacht: 1. die politische Apologetik, 2. die Zeichnung Jesu und des Heidenapostels 
        Paulus als Weisen 3. das lukanische Menschenbild sowie 4. die Unterscheidung 
        der christlichen Lebenshaltung von einer unreflektierten Lebensweise.1. Jesus Christus stirbt politisch unschuldig. Es ist nicht richtig, wie 
        seine Gegner ihm gemäß Lk 23,2 unterstellen, dass er zur Steuerverweigerung 
        aufgerufen habe. Die anderslautende Antwort Jesu Lk 20,26 ist vor den 
        Ohren des Volkes ergangen. Er hat nicht zur Steuerverweigerung aufgerufen, 
        wie ihm nach Lk 23,2 unterstellt wird; die Unruhe im römischen Reich 
        ist vielmehr durch die Gegner gekommen. Auch Paulus ist kein Aufrührer. 
        Vielmehr sind es seine Gegner, denen Lukas die Tendenz zum Aufruhr und 
        damit die Gefährdung der Pax Romana vorhält Entsprechend wohlwollend 
        verhalten sich die römischen Behörden; Pilatus will Jesus freilassen, 
        die späteren Statthalter bewahren Paulus mehrfach vor Übergriffen 
        seiner jüdischen Gegner. Die kritischen Äußerungen u.a. 
        über Gallio (Apg 18,12-17) und Antonius Felix (Apg 24,22-27) trüben 
        dieses Bild nur bedingt, zeigen aber: Es gibt das Neben- und Nacheinander 
        von korrekten und korrupten Inhabern staatlicher Gewalt. So wenig Christen 
        von sich aus das Recht zur Auflehnung gegen Obrigkeiten haben, so sehr 
        müssen sie auch mit deren Fehlverhalten rechnen.
 2. Jesus wird als der vorbildliche Weise geschildert. Er lässt sich 
        nicht von dem Erfolg bei der Masse hinreißen, sondern sucht die 
        Stille im Gebet (Lk 5,15f.). Vor allem sein Sterben ist das Sterben eines 
        Weisen: Anders als bei den Seitenreferenten kommt bei Lukas einer der 
        Schächer zur Einsicht in die eigene Verfehlung. An Jesu Sterben geht 
        dem Menschen die Erkenntnis seiner eigenen Situation auf. Der gebildete 
        Leser, der von der momentanen Situation des Schächers abstrahieren 
        kann, merkt: an Jesus ist wirklich die Erkenntnis zu gewinnen, die zu 
        einem neuen, dem Guten hingewandten Leben zu führen vermag. Die Reaktion 
        des Hauptmanns, dieser sei ein Gerechter, ein Frommer gewesen, und das 
        Verhalten des Volkes weisen ebenfalls in diese Richtung, zusätzlich 
        die Vergebungsbitte, die, wenn textkritisch sekundär, doch mit gutem 
        Empfinden an die Stelle Lk 23,34 gesetzt worden ist. Hierher gehören 
        Jesu und des Paulus Begegnungen mit der politischen, intellektuellen oder 
        auch religiösen Elite - berühmt natürlich Apg 17, wo der 
        lukanische Paulus den Stoikern und Epikureern begegnet und den Stoiker 
        Aratos, Phaiomena 5,5 zitiert: wir sind seines Geschlechtes.
 3. Lukanische Anthropologie.
 Der Mensch ist nach Lukas nicht einer, der gerettet, sondern einer, der 
        korrigiert werden muss, kein salvandus, sondern ein corrigendus. Der Mensch 
        ist nicht von einer transsubjektiven Sündenmacht bestimmt, sondern 
        kommt in den Blick als sein Leben individuell gestaltendes, verantwortliches 
        Wesen. Bei der Bekehrung werden die Kräfte, das Wollen und die Entscheidung 
        des Menschen angesprochen. Bekehrung zum Christentum und Bewährung 
        des Christseins ist Vollzug des dem Menschen als Menschen eignenden Vermögens 
        zur rechten Erkenntnis und sind zugleich Bewährung wahren, reflektierten 
        Menschseins. Zentral für Lukas ist der Gedanke, dass dem Menschen 
        nur einmal das Heil angeboten wird, dass er nur einmal Gelegenheit zur 
        Umkehr bekommt, und dass sich an seiner Stellungnahme in dieser Situation 
        sein eschatologisches Geschick entscheidet. Das gilt für Juden und 
        Heiden (Apg 17,30) und ist auch für den Christen eine ernste Mahnung 
        (Lk 14,15-24). Das Verhalten der Jerusalemer Juden gegenüber dem 
        irdischen Jesus wird mit dem Unwissenheitsmotiv entschuldigt (Apg 3,17); 
        später wird diese Unwissenheit nicht mehr zugestanden. Aber auch 
        von den heidnischen Städten wird jeweils nur einmal von der missionarischen 
        Verkündigung berichtet (Vgl. Apg 14,21f.; 15,36; 18,23; 20,2: Nirgends 
        wird von einer erneuten missionarischen Wendung nach außen gesprochen. 
        Die einzige Ausnahme ist Ephesus, vgl. Apg 18,19f.; Apg 19,2-40). Dieser 
        Zug will die Ernsthaftigkeit der christlichen Heilsverkündigung unterstreichen.
 Literatur zur Weiterarbeit: J.-W. Taeger, Der Mensch und sein Heil. Studien 
        zum Bild des Menschen und zur Sicht der Bekehrung bei Lukas, StNT 14, 
        Gütersloh 1982.
 4. Das Christentum wird von der unreflektierten Lebensweise der unverständigen 
        Masse unterschieden. Es gilt, nicht nur äußerlich Jesus zu 
        bewundern, sondern sein Wort zu hören und zu bewahren (Lk 11,27f.), 
        es gilt, sich zuvor die Konsequenzen einer Bekehrung zum Christentum zu 
        verdeutlichen (Lk 14,25-33); die Habsucht des reichen Kornbauern, der 
        seine eigene Endlichkeit vergisst, kennzeichnet ihn als Toren (Lk 12,13-21), 
        wie der lukanische Jesus auch andernorts vor dem Vergessen der Endlichkeit 
        (Lk 12,54-13,9) und vor falscher Sicherheit (Lk 13,22-30) warnen muss.
 4. Arm und Reich Umstritten ist, ob Lukas zum freiwilligen Almosen ermahnt 
        (Horn) oder einen geregelten innergemeindlichen Besitzausgleich zwischen 
        arm und reich erstrebt (W. Schottroff, W. Stegemann, Jesus von Nazareth, 
        150). Nach F. W. Horn wendet sich Lukas vornehmlich an Besitzende und 
        sucht sie zu Almosen zu motivieren und will sie vor der "Ungerechtigkeit" 
        warnen, die im eigennützigen Umgang mit Besitz beschlossen liegt: 
        Mitgliedschaft in der Gemeinde oder gar Evangeliumsverkündigung und 
        eigennützige finanzielle Interessen kollidieren miteinander (vgl. 
        Apg 8,20-23). Habsucht lässt die eigene Vergänglichkeit vergessen 
        (Lk 12,16-21); die Verachtung des Armen rächt sich im Gericht Lk 
        16,19-31). Positives Vorbild sind der Besitzverzicht der Jünger und 
        die freiwillige Liebesgemeinschaft der Urgemeinde Apg 2,42-47; 4,32. Horn 
        kommt es auf die Freiwilligkeit der Gabe an (Apg 5,4).  Literatur zur Weiterarbeit: Horn, F. W., Glaube und Handeln in der Theologie des Lukas, GTA 26, Göttingen 
        1983.
 Schottroff, L., Stegemann, W., Jesus von Nazareth - Hoffnung der Armen, 
        3. Aufl. Stuttgart 1990.
 
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